Meisters E.S.
Der Kalvarienberg L.30
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
Lk 23, 32-47: Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden. Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; dennsie wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum. Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König. Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mirim Paradies sein. Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. Und Jesus rief laut: Vater,ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er. Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser ist ein frommer Mensch gewesen!
Mt 27,54: Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!
Joh 19,25.31-34: Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Kleopas, und Maria von Magdala. Weil es aber Rüsttag war und die Leichname nicht am Kreuz bleiben sollten den Sabbat über – denn dieser Sabbat war ein hoher Festtag – baten die Juden Pilatus, dass ihnen die Beine gebrochen und sie abgenommen würden. Da kamen die Soldaten und brachen dem Ersten die Beine und auch dem andern, der mit ihm gekreuzigt war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht; sondern einer der Soldaten stieß mit dem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.
Mit drei Nägeln, die man durch beide Handflächen und die übereinander gelegten Füße getrieben hat, ist Jesus am Kreuz fixiert. Er ist nackt bis auf die Dornenkrone und ein kleines Lendentuch. Der Kopf des schon Gestorbenen ist mit geschlossenen Augen auf die rechte Schulter gesunken. Zu seiner Rechten kämpft der „gute“ Schächer mit dem Tod, zu seiner Linken der „böse“. Beide hat man mit rückwärts gedrehten Armen an etwas niedrigere, aus Balken gezimmerte Kreuze gebunden; ihre frei hängenden Füße suchen Halt am runden Stamm. Sie tragen ganz knappe Unterhosen. Darunter verfolgt eine bewegte Menschenmenge das Geschehen, rechts vom Gekreuzigten die Guten, links die Bösen. Zu den Guten gehören Jesu Mutter Maria, die zusammenbrechend von dem hinter ihr stehenden Jünger Johannes aufgefangen wird, sowie zwei weitere Frauen. Über Maria sticht gerade ein Soldat mit der Lanze in die Seite des Toten. Der Legende nach war dieser Longinus alt und fast blind, so dass sein neben ihm reitender Knappe ihm helfen musste. Ein Blutstropfen, der am Lanzenschaft herablief, gab ihm das Augenlicht zurück: Das Wunder unter dem Kreuz! Direkt unter den Füßen Jesu hat sich auf dieser guten, rechten Seite der Schnitzer selbst dargestellt. Am Kreuzesstamm lehnt Maria Magdalena und blickt zum Verstorbenen empor. Auf der Seite der Bösen sind unten drei Soldaten dabei, sich prügelnd um Jesu Gewand zu streiten. Darüber reitet der Hauptmann, der als erster Jesu Gotteskindschaft anerkannt hat. Zwei Juden, erkenntlich an den im Mittelalter vorgeschriebenen spitzen Hüten, reiten aneinander vorbei und fassen sich an den Unterarmen. Der Totenkopf, der neben Maria auf dem Boden liegt, weist darauf hin, dass an diesem, „Schädelstätte“ genannten Ort, Adam begraben worden war. Durch diesen Schädel, der beim Ausheben der Grube für das Kreuz ans Tageslicht kam, sind beide unter dem Kreuz gegenwärtig, der alte, sündige Adam, mit dem Gott den alten Bund geschlossen hatte, und der neue Adam des neuen Bundes, der die Sünde auf sich genommen und die Welt erlöst hat.